Tag 2 – 27.8.

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Der heutige Tag begann mit der offiziellen Eröffnung der World Water Week durch das Stockholm International Water Institute (SIWI). Repräsentanten/-innen verschiedener Organisationen und Institutionen gaben interessante Einblicke in die Wasserthematik. Einige Schlüsselaussagen der Speaker waren:

– Bürgermeisterin von Stockholm, Karin Wanngård: Stockholm soll bis 2040 nicht nur eine Smart City werden, sondern auch eine Stadt, die komplett ohne fossile Brennstoffe auskommt!

– Deputy Secretary General der UN, H.E. Amina J. Mohammed: „Wasser spielt eine große Rolle auch bei politischen Aspekten. Die Umgebung um den See Chad war ein wichtiges wirtschaftliches Zentrum, bis der See zu 90% austrocknete. Dadurch kamen Handel und Landwirtschaft zum Erliegen, Armut und Krankheit sowie Unsicherheit stiegen an und dadurch auch Extremismus mit steigenden Mitgliederzahlen bei Boko Haram – Wassermangel hat daher auch politische negative Auswirkungen.

Die Zahl der Menschen, die unter Wasserknappheit leiden, liegt mittlerweile bei 40%, 2 Mrd. Menschen haben kein Zugang zu sicherem Trinkwasser – es muss jetzt gehandelt werden, um eine Ausweitung der Krise zu vermeiden, denn es ist eine gemeinsame Verantwortung aller, Zugang zu Wasser für alle Menschen sicherzustellen. Investitionen in Wasserinfrastruktur, auch durch Green Bonds oder Climate Bonds, die Wasserstandards enthalten, sind ein Weg, um diesen Weg zu unterstützen. Die Jugend sollte verstärkt in alle Anstrengungen und Initiativen mit eingebunden werden.“+

Professor Bruce Rittmann der Arizona State University und Professor Mark van Loosdrecht der Delft University of Technology bekamen dieses Jahr den Stockholm Water Prize verliehen für ihre Arbeit zur Behandlung von Abwasser durch mikrobiologische Prozesse. Durch ihre Innovation können sowohl Nähr- als auch Schadstoffe aus Abwässern herausgezogen werden.

– Deputy Executive Director of UN Women, Åsa Regnér: „Frauen weltweit verbringen mehr als 40 Milliarden Stunden mit Wasserholen. Dies entspricht ungefähr der Arbeitsstundenleistung der französischen Bevölkerung. UN Women fokussiert sich speziell auf Initiativen in Entwicklungsländern, u. a. Kenia und Kirgisistan, um Zugang zu Wasser zu erleichtern.“

Zum Schluss kam sogar noch Albert Einstein zu Wort: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“

Eine interessante Eröffnungsveranstaltung – der Nachmittag ist jetzt vollgepackt mit vielen einzelnen Events.


Vortrag: UNESCO zu Mikroplastik

Kurz vorab: Unter Mikroplastik versteht man winzige Kunststoffteilchen, die entweder aus dem Zerfall von Plastikmüll entstehen oder als Partikel zu Kosmetika oder auch Babywindeln hinzugefügt werden.

Bei diesem von der UNESCO organisierten Vortrag wurden Repräsentantinnen von einigen Universitäten und Organisationen, die bereits Recherchen zu dem Thema Mikroplastik in Süßwassergewässern durchgeführt hatten, gebeten, ihre Ergebnisse zu präsentieren. Einige der Befunde sind erschreckend:

  • Mikroplastik  wurde bereits überall auf der Welt nachgewiesen, sogar im Eis der Arktis; auch die Flüsse in Deutschland weisen eine hohe Konzentration von industriellen Kunststoffrückständen auf.
  • Zwischen 80% und 90% des Plastiks werden über die größten Flüsse in Asien, Afrika und Lateinamerika in die Meere transportiert; China, Indonesien und die Philippinen tragen am meisten zur Plastikverschmutzung bei.
  • 80% des weltweiten Abwassers wird ohne vorherige Klärung in Flüsse und Meere geleitet.
  • In 8% der Süßwasser- und 10% der Salzwasserfische in Mexiko wurde Mikroplastik gefunden; bei dem Tilapia-Fisch aus dem Viktoriasee in Tansania waren es sogar 20%; in Großbritannien wurden bei einer Fischart in 33% Plastikfasern aus synthetischen Textilien gefunden.

Es fehlen zurzeit noch jede Menge Daten und Informationen, um Ansammlungen, Konzentration und Wege der Teilchen zu verstehen und um die genauen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit besser einschätzen zu können. Die Mehrzahl der bisher durchgeführten Studien fokussierten sich auf Europa und Nordamerika, so dass das gesamte Ausmaß der Situation weltweit noch unbekannt ist.

Eins ist jedoch klar – es besteht dringender Handlungsbedarf. Fangen Sie doch schon einmal an – Polyethylene in Kosmetika sind nicht gut für die Umwelt und sicherlich auch nicht für Ihre Gesundheit.


Panel: Die Rolle von Unternehmen

Ein kurzes Panel zur Rolle von Unternehmen wurde auf dem „SIWI Sofa” gehalten. Industrie und Landwirtschaft zusammen verbrauchen 90% des Trinkwassers, daher ist ein nachhaltiges Wassermanagement seitens der Unternehmen absolut notwendig, insbesondere unter Einbindung der Lieferketten. Ein Vertreter von Nestlé gab einen kurzen Einblick in die verschiedenen Maßnahmen des Unternehmens, bspw. beim Kaffeeanbau in Vietnam, wo in Zusammenarbeit mit einer Schweizer Organisation effizientere Bewässerungssysteme eingeführt wurden. Zudem hat das Unternehmen eine Initiative zu „Caring for Water” eingeführt, in welcher sich das Unternehmen zu einem nachhaltigen Umgang mit Wasser verpflichtet.

Kritik gab es seitens der Alliance for Water Stewardship, eine Organisation die Unternehmen zu nachhaltigem Wassermanagement berät und auch Standards zur Bewertung von Unternehmen entwickelt hat. Die Kritik bezog sich auf die eigentlichen Standorte, nicht nur von Nestlé, sondern auch anderer Unternehmen, die vor Ort, bspw. in Äthiopien, zwar sehr moderne, saubere und effiziente Fabriken errichten, jedoch außerhalb der Fabriken leiden die Menschen an Wassermangel.

Nicht nur aus diesem Grund hat ÖKOWORLD Nestlé nicht im Anlageuniversum.


Vortrag: City Taps

Der Gründer des Unternehmens City Taps hat in einem kurzen Vortrag seine Erfindung vorgestellt: einen smarten Pay-as-you-go-Wasserzähler.

Mit diesem Zähler will das Unternehmen 1 Milliarde Menschen in Entwicklungsländern Zugang zu Trinkwasser in ihren Häusern geben.

Zum Hintergrund:
Die folgenden Probleme behindern eine umfassende Wasserversorgung vor allem in den Schwellenländern:

  1. Die Unternehmen verantwortlich für die Wasserversorgung verlieren zwischen 30 und 70% ihres Wassers auf Grund einer maroden oder ineffizienten Infrastruktur.
  2. Die Menschen können ihre monatlichen Rechnungen nicht oder nur schwer bezahlen.
  3. Die Wasserversorger haben dementsprechend viele Zahlungen ausstehend, die sich im Durchschnitt auf einen Jahresumsatz belaufen, d. h. es fehlt Geld für Reparaturen und Investitionen; der Aufwand, die Schulden einzutreiben, ist sehr hoch.
  4. Banken geben solchen in vielen Fällen verschuldeten Unternehmen keine Kredite.
  5. Die anfänglichen Kosten für die Installation von Wasseranschlüssen sind sehr hoch und der Anreiz, Anschlüsse zu installieren, ohne eine Bezahlung dafür zu bekommen, ist seitens der Wasserversorger gering.

City Taps bietet die folgenden Lösungsansätze:

  • ein Wasserzähler, der kostengünstiger zu installieren ist als Standardzähler,
  • eine Pay-as-you-go-Anwendung, d. h. man bezahlt nur für das Wasser, wenn man es verbraucht (daher keine monatlichen fixen Rechnungen),
  • die Möglichkeit per Mobiltelefon zu bezahlen (daher kein Bankkonto, keine Rechnungen); die Zahlung wird an ein Cloud Konto gesendet und die Cloud instruiert den Zähler, dass eine Zahlung eingegangen ist und Wasser verbraucht werden kann,
  • Schuldentilgung bzw. Kreditvergabe in stemmbaren Raten, bspw. von 15 US Cent pro Tag.

Zudem sind die Zähler mit Sensoren ausgestattet, die alle 30 Minuten Daten an den Wasserversorger senden, so dass Leckagen und andere Probleme schnell entdeckt und behoben werden können. Jeder Wasserzähler ist zudem ferngesteuert und kann bei Wassermangel (oder auch fehlender Zahlung) geschlossen werden, ohne gesamte Rohrleitungen zu entleeren und zu belasten.

Einige Wasserversorger in Uganda, Senegal und Ruanda haben an dem Produkt bereits starkes Interesse bekundet – jetzt werden noch Finanzierer gesucht.


Vision

Die Vision des Stockholm International Water Institutes (SIWI) ist eine „water wise world”. Dieser Slogan klingt toll auf Englisch und auch auf Schwedisch (erster Eintrag auf dem Plakat) – jedoch eignet sich die deutsche Sprache nicht immer für solche kurzen Slogans …


Cocktail Empfang im Rathaus

Heute Abend waren alle Teilnehmer/-innen in das Rathaus von Stockholm zu einem Cocktail-Empfang geladen. Das Gebäude wurde 1923 eingeweiht. Besonders schön sind die Blaue Halle, die ursprünglich wohl mit blauen Steinen gestaltet werden sollte, jedoch dann doch rot geblieben ist, und der Goldene Saal im oberen Stockwerk, der mit 1 Million goldener Mosaikstücke dekoriert wurde. Eine tolle Location zum Networking!