Tag 4 – 29.8.

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Der heutige Tag begann mit einer tollen Überraschung. Bei der offiziellen Eröffnung der Veranstaltung am Montag hatte ich kurz Professor Bruce Rittmann der Arizona State University und Professor Mark van Loosdrecht der Delft University of Technology erwähnt, die dieses Jahr den Stockholm Water Prize erhalten.

Und um die Leistungen entsprechend zu würdigen, sind heute Vormittag König Carl XVI Gustaf und Kronprinzessin Victoria von Schweden zu einer Veranstaltung gekommen. Glück gehabt – zur rechten Zeit am rechten Ort für ein paar Fotos!


Vortrag: Die Rolle der Industrie beim Schutz von Ökosystemen

Diese interaktive Diskussion war Teil einer Reihe von Veranstaltungen zu diesem Thema. Das Event wurde von WWF geleitet und Sprecher von OECD und anderen Organisationen nahmen daran teil. Es ging hier vor allem darum, dass der öffentliche Sektor alleine nicht alle Herausforderungen rund um die Wasserversorgung stemmen kann, zumal der Verbrauch von Wasser durch die Industrie ständig weiter steigt. Daher sollte die Industrie dazu verpflichtet werden, eine Strategie zum Wassermanagement und -schutz zu entwickeln, und zwar nicht nur zur Anwendung innerhalb der Fabriken, sondern auch außerhalb.

Für Unternehmen, insbesondere für diejenigen, die auf Wasser angewiesen sind, können sich Wasserspar- und Wasserschutzmaßnahmen auf verschiedene Weise direkt und indirekt rentieren:

  • erhöhte Wassersicherheit (Verfügbarkeit),
  • geringere Kosten,
  • mglw. höhere Umsätze,
  • gesunde Ökosysteme.

Seitens der Unternehmen sind innovative Ansätze und Produkte zum Wassermanagement gefragt. Im Zeitraum 1990 bis 2013 lag Deutschland mit seinen Unternehmen übrigens auf Platz 3 in der Welt für wasserbezogene Innovationen mit einem Anteil von 10,8%. Davor liegen südkoreanische Unternehmen mit einem Anteil von 17,6% und amerikanische mit 23,8%.


Podiumsdiskussion: Hotels und Wasserverbrauch

Ebenso wie Industrie und Landwirtschaft verbraucht der Tourismus, und hier insbesondere die Hotels, viel Wasser. Viele Hotelketten sind sich allerdings ihrer Verantwortung bewusst und einige haben sich in der International Tourism Partnership zusammen getan, welche sich ein nachhaltiges Hotelwesen zum Ziel gesetzt hat. Der Fokus der Organisation liegt auf Arbeitnehmerrechten, Jugendarbeitslosigkeit, CO2-Emissionen und natürlich Wasser.

Zu den Mitgliedern der Organisation zählen u. a. Hilton, Hyatt, Radisson, Scandic, und weitere; einige der Ketten waren bei der Podiumsdiskussion vertreten, um ihre Initiativen vorzustellen:

  • Hilton hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 seinen Fußabdruck insgesamt, inkl. Wasserverbrauch, um die Hälfte zu reduzieren. Auch Hyatt plant, bis 2020 seinen Wasserverbrauch um 25% zu reduzieren. Auf Grund der Größe der beiden Ketten werden diese Maßnahmen starke Auswirkungen haben.
  • Radisson hat bereits seit 1989 eine Umweltpolicy und konnte in den letzten 10 Jahren seinen Verbrauch bereits um 30% reduzieren. Radisson stach insbesondere durch seinen allgemeinen Ansatz hervor, dass Wasser, welches in einer Stadt oder Region entnommen wird, fair und anteilig entnommen werden muss, d. h. ohne zu viel von dem lokalen Umfeld wegzunehmen.

Dies zeigt, dass einige Hotels ihre Verantwortung im Bereich Wassermanagement ernst nehmen. Es muss allerdings kritisch gesehen werden, dass Anwohner in einigen Regionen nicht denselben Zugang zu Wasser haben wie die Hotels selbst. Aus dem Publikum wurde hierzu angemerkt, dass in Kapstadt die Anwohner zu bestimmten Zeiten höhere Wassergebühren zahlen müssen und in Sousse, Tunesien, sogar zwischen 20Uhr und 8Uhr ganz von der Wasserversorgung ausgeschlossen werden. Die Repräsentanten/-innen der Hotels waren sich dessen bewusst und haben verschiedene Maßnahmen initiiert, die die Situation verbessern und die lokale Umgebung besser unterstützen sollen.


Vortrag: Asia Water-nomics

Einige Vorträge spezialisieren sich auf bestimmte Regionen, insbesondere Asien und Lateinamerika. Bei diesem Vortrag ging es um die Zukunft Asiens und das zukünftige Wirtschaftswachstum in Anbetracht der folgenden Fakten:

  • 25% mehr Bevölkerung bis 2050,
  • Anstieg der Wassernachfrage durch Haushalte um das Dreifache und durch Industrie um das Doppelte,
  • 40% der Bevölkerung wird unter Wasserknappheit leiden.

China beschäftigt sich stark mit dem Thema Wasserrisiko, bspw. durch die Organisation China Water Risk. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Jangtse Fluss für China sehr bedeutend ist. In seinem Umfeld werden 42% von Chinas BIP erwirtschaftet, 65% des Reises angepflanzt und 73% der Wasserkraft erzeugt. In den letzten Jahren hat sich der Zustand des Flusses allerdings stark durch Umweltverschmutzung und Überdüngung verschlechtert. Dies beeinträchtigt das Ökosystem und die Wasserqualität.

Die chinesische Regierung will dem nun entgegentreten: durch Umverteilung von Wasser und Anwendung von Wasserquoten, Bekämpfung der Umweltverschmutzung und Erhöhung der Effizienz. Zu den einzelnen Maßnahmen zählen Wasserrecycling, Entsalzung, Kreislaufwirtschaft, Regenwassersammlung, strengere Gesetze und viele weitere.

Auf die Frage aus dem Publikum, ob etwa der Wasserverbrauch auch für internationale Firmen, die in China produzieren, eingeschränkt werden soll, gab es keine eindeutige Antwort. Sicherlich wäre das eine Möglichkeit, damit auch internationale Unternehmen sich bewusster und verantwortungsvoller an Wassersparmaßnahmen in China beteiligen.


Vortrag: Beyond Toilets – India

Zum Ende des Tages gab es zwei Vorträge über den Zustand von Sanitäreinrichtungen in Indien. In einem ging es um die prekären Arbeitsbedingungen der Arbeiter, die Klärgruben und Kanalisation reinigen, denn sie haben teilweise eine bis zu 15 Jahre geringere Lebenserwartung als der Durchschnitt und das bei geringer Bezahlung. Der andere von mir besuchte Vortrag hatte das Thema Open Defecation – eventuell auf Deutsch ein wenig umständlich übersetzt als Stuhlgang in der Öffentlichkeit bzw. im Freien. Auf Grund fehlender Sanitäranlagen und Abwasserleitungen ist dies in vielen Schwellenländern ein Problem, jedoch vor allem in Indien. Weltweit verrichten über 100 Millionen in Städten lebende Menschen (Menschen auf dem Land nicht mitgezählt!) ihren Stuhlgang im Freien, davon Stand 2015 48% in Indien.

Die Regierung in Indien hat hierzu einen ehrgeizigen Plan ausgerufen: das Land bis Ende 2019 Open Defecation Free (ODF) zu machen, sei es durch haushaltseigene oder öffentliche Toiletten. Im Bundesstaat Maharashtra, zu welchem Mumbai gehört, wurde dieses Ziel bereits 2017 unter Mitwirkung des Center for Water & Sanitation der CEPT University und unter Förderung der Bill & Melinda Gates Foundation erreicht. Jeder Haushalt war aufgefordert, die Verantwortung für die Einrichtung einer Sanitäranlage mit Klärgrube zu übernehmen; dies wurde von der Regierung auf Antrag finanziell je nach Einkommen gefördert. Wenn eine Stadt bei einer Überprüfung das ODF-Ziel erreicht, wird eine Erfolgsprämie ausbezahlt. Eine der größten Herausforderungen bei diesem Projekt ist nicht die erstmalige Installation, sondern die kontinuierliche Instandhaltung – daher werden 70% der Erfolgsprämie erst nach 6 Monaten ausgezahlt.

Mittlerweile sind die Pläne im Bundesstaat Maharashtra sogar ausgeweitet worden, auf ODF+ und ODF++, welche dann auch die Entleerung der Klärgruben und die anschließende Behandlung des Abwassers enthalten.