Da gibt es ja noch den Erdüberlastungstag … Blogbeitrag von Verena Kienel, Senior Sustainability Analyst, zum Earth Overshoot Day am 22. August 2020

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Dieses Jahr hört und liest man relativ wenig über den Erdüberlastungstag, zumindest noch weniger als sonst. Dabei ist dieses Jahr in vielen Belangen ungewöhnlicher als die Jahre zuvor: Denn dieses Jahr ist dieser Tag, entgegen des langfristigen Trends, um ca. 3 Wochen später im Jahr als sonst, nämlich anstatt prognostiziert für Ende Juli ist es der 22. August. Covid-19 hat den ökologischen Fußabdruck der Menschheit geschrumpft.

Der Erdüberlastungstag oder Earth Overshoot Day ist der Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen und nachhaltig nutzbaren Ressourcen aufgebraucht hat, die die Erde innerhalb eines Jahres erneuern kann. Mit anderen Worten, ab diesem Tag nutzen wir mehr Ressourcen und Rohstoffe von Acker- und Weideland, Fischbeständen und Wäldern, als rechnerisch zur Verfügung steht. Dazu werden mehr CO2-Emissionen ausgestoßen, als die weltweiten Wälder und Ozeane jährlich aufnehmen können.

Aktuell berechnet
Dieser Tag wird durch das Global Footprint Network, einer Non-Profit-Organisation und Umwelt-Denkfabrik in Zusammenarbeit mit dem WWF mit Hilfe einer Vielzahl von Datensätzen berechnet. Im Jahr 1970 lag der Erdüberlastungstag am 29. Dezember, also haben die Erdressourcen in dem Jahr fast gereicht. 1980 waren alle Ressourcen bereits Anfang November aufgebraucht, im Jahr 2000 schon am 23. September, 2010 am 7. August. Seit Beginn der Berechnungen liegt dieser Tag auf Grund des immer weiter steigenden Ressourcenverbrauchs im Durchschnitt immer früher. Bis auf dieses Jahr.

Keine Trendwende in Sicht
Durch die Corona-Pandemie und dem daraus resultierenden wirtschaftlichen Lockdown, der sich auch auf den Konsum ausgewirkt hat, hat sich der Ressourcenverbrauch in den meisten Ländern deutlich verringert. Laut Berechnungen des Global Footprint Networks, die sich auf Grund der Pandemie schwieriger gestalten, sind im Vergleich zum Vorjahr ca. 14,5% weniger CO2-Emissionen während dieser Zeit ausgestoßen worden.

Das ist zwar per se positiv, allerdings ist dies vor allem auf den Lockdown zurückzuführen, der viele Menschen in wirtschaftliche Not gebracht hat. Langfristig wird diese kurzzeitige Reduzierung keine nachhaltigen, positiven Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen und den Klimawandel haben, denn leider ist immer noch keine Trendwende in unserer Lebens- und Wirtschaftsweise zu erkennen. Dafür müssten alle kommenden Investitionen ab sofort ressourcenschonend gestaltet und an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden. Gleichzeitig müsste der Ressourcenverbrauch insgesamt deutlich sinken. Dass Regierungen sehr wohl in der Lage sind, kurzfristig und kollektiv Krisen durch schnelles Handeln zu begegnen, haben wir in der aktuellen Corona-Pandemie gesehen.

Rahmenbedingungen müssen jetzt geschaffen werden
Hier ist vor allem auch die Politik aufgefordert, klare Rahmenbedingungen und Zielvorgaben zu schaffen, vor allem durch eine deutliche Verkehrs- und Energiewende, aber auch indem z. B. nur die Unternehmen gefördert werden, die einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Das von der Bundesregierung im Juni verabschiedete Konjunkturpaket hatte sich zwar die Stärkung der Zukunftsfähigkeit als eines der Ziele gesetzt, ist jedoch in vielen Aspekten hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Übrigens wäre der Erdüberlastungstag, wenn alle Menschen so viele Ressourcen verbrauchten wie in Deutschland, bereits der 3. Mai. Mit anderen Worten, unsere Lebens- und Wirtschaftsweise in Deutschland verbraucht die Ressourcen von fast 3 Erden – jedes Jahr. Damit liegt Deutschland im globalen Vergleich im oberen Viertel aller Länder und steht damit umso mehr in der Verantwortung.

Jeder kann einen Beitrag leisten
Als Privatperson kann jeder ein Beitrag dazu leisten, dass der eigene Ressourcenverbrauch reduziert wird. Ernährung gilt gemeinhin als ein sehr wichtiger Hebel, um einen deutlichen Unterschied zu machen. Damit ist vor allem eine Reduzierung des Fleischkonsums gemeint – ein Thema, das ohnehin aktuell in Anbetracht der kontroversen Massentierhaltung zum Nachdenken anregen sollte. Studien haben gezeigt, dass eine Halbierung des globalen Fleischkonsums den Overshoot Day um 5 Tage verschieben könnte. Hierbei spielt auch die Lebensmittelverschwendung eine große Rolle, denn rd. 9% des globalen ökologischen Fußabdrucks entsteht durch Lebensmittelabfälle und –verschwendung. Hier ließe sich ebenfalls durch eine Halbierung der Erdüberlastungstag um 11 Tage nach vorne verschieben. Auch eine verstärkte Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oder ein bewussterer und reduzierter Kleidungskauf zählen zu wichtigen Ansatzpunkten.

Nachhaltigkeit bei der Geldanlage
Durch die Berücksichtigung von ethischen und ökologischen Aspekten bei der Geldanlage kann jeder einen Beitrag leisten. Dies ist beispielsweise über die Fonds und Versicherungen der ÖKOWORLD AG möglich. Bei der Auswahl von Unternehmen, in die das hauseigene Portfoliomanagement investieren kann, berücksichtigt die ÖKOWORLD schon seit 1996 die Umwelt- und Sozialauswirkungen der Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens und investiert vor allem in Unternehmen aus den Bereichen nachhaltiger Konsum, Bildung, nachhaltige Mobilität und Transport sowie erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Unternehmen, die auf Grund ihres Geschäftsmodells Umweltschäden und nicht erneuerbaren Ressourcenverbrauch verursachen, beispielsweise durch Kohle, Erdöl, Atomenergie oder Chlorchemie, sind hingegen konsequent ausgeschlossen.


Zur Autorin:

Verena Kienel, Senior Sustainability Analyst

Verena Kienel hat seit 2017 einen MBA im Sustainability Management von der Leuphana Universität Lüneburg. Sie hat zudem einen Master (MSc) in International Business Economics aus Großbritannien. Verena hat über 10 Jahre Arbeitserfahrung in der Finanzbranche, u. a. in London und Luxemburg. Während ihrer Zeit in London arbeitete sie 10 Jahre für eine internationale Investment Bank, wo sie institutionelle Investoren betreute und mittels Risikoanalysen zu internationalen Finanzmärkten beriet. Hierbei lag ihr Schwerpunkt auf den Schwellenländern