Artenvielfalt und naturnahe Lebensräume fördern Die ÖKOWORLD plädiert für die Verabschiedung des EU-Renaturierungsgesetzes

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Ein Beitrag von Manuel Voßwinkel, Senior Sustainability Analyst bei der ÖKOWORLD

Das EU-Parlament hat Ende Februar mit knapper Mehrheit für das Renaturierungsgesetz gestimmt. Dem waren zähe Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission vorausgegangen. Bei der finalen Abstimmung Ende März im Rat – eigentlich Formsache – könnte es trotzdem nochmal eng werden.

Worum geht es bei dem Gesetz?

Im Rahmen des Green Deals hat sich die EU als einen wesentlichen Eckpfeiler neben dem Klimaschutz den Schutz der biologischen Vielfalt zum Ziel gesetzt. Das nun beschlossene Renaturierungsgesetz soll eine Transformation in der Land- und Meeresnutzung einleiten. Es soll lebensfähige ökologische Strukturen dort schaffen, wo diese durch menschliche Eingriffe bedroht oder nicht mehr existent sind. Dies betrifft insbesondere Wälder, Grünland, Feuchtgebiete, Flüsse und Seen, die bisher schwachen Schutzmaßnahmen unterliegen.

Konkret werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2030 insgesamt 30 Prozent der vom Gesetz abgedeckten Flächen in einen guten ökologischen Zustand zurückzuversetzen. Bis 2050 müssen dann 90 Prozent der derzeit in schlechtem Zustand befindlichen Flächen renaturiert werden. Dazu werden – soweit bisher erkennbar – messbare Indikatoren wie z. B. Bestände an Schmetterlingen und Feldvögeln herangezogen.

Warum ist die Umsetzung wichtig?

Der weltweit fortschreitende Verlust von Lebensräumen und der darin lebenden Tier- und Pflanzenarten ist eine sowohl ökologische als auch eine finanzielle Katastrophe. In der Europäischen Union sind mehr als 80 Prozent aller Lebensräume in einem schlechten ökologischen Zustand. Die Kosten für Nichthandeln sind hoch und werden alleine im Bereich der Bodendegradation auf mehrere Billionen Euro im Jahr geschätzt. Denn intakte Ökosysteme dienen oft auch einer produktiven Nutzung.

Mit dem Renaturierungsgesetz folgt die EU u.a. den Analysen des Weltbiodiversitätsrat IPBES, wonach es nicht (mehr) ausreicht, die bestehenden Naturbestände zu schützen. Es muss flächendeckend renaturiert werden. Viele Wissenschaftler:innen und Unternehmen haben sich deshalb für das Gesetz ausgesprochen.

Maßnahmen zur Renaturierung verbinden drei Kernelemente eines gelingenden Umwelt- und Naturschutzes, bestehend aus der Förderung der biologischen Vielfalt, z. B. durch einen verringerten Einsatz von Pestiziden, dem Klimaschutz, z. B. durch die Wiedervernässung von Mooren, oder der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, z. B. über naturnahe Flusssysteme.

Einschätzung und Einordnung durch die ÖKOWORLD

Die ÖKOWORLD begrüßt das Renaturierungsgesetz und fordert dessen Verabschiedung im Rat der Europäischen Union.

Das Gesetz ist die Grundlage zur Erfüllung des 2022 auf der Weltnaturkonferenz in Montreal beschlossenen Übereinkommens über die biologische Vielfalt und ist vor dem Hintergrund der immensen Herausforderungen schlichtweg eine Notwendigkeit. Es ist aber auch ein Signal, dass man sich in der EU auf fundierte und rechtlich bindende Ziele und Maßnahmen zum Umweltschutz verständigen kann, wie sie von der Wissenschaft, von Umweltverbänden und von zukunftsorientierten Unternehmen dringend eingefordert werden.

Im Weiteren wird es zum einen auf die Auswahl der von dem Gesetz abgedeckten Flächen und die Einigung auf wirksame und verbindliche Maßnahmen und messbare Indikatoren ankommen. Zum anderen ist die (auch finanzielle) Ausgestaltung in den einzelnen Mitgliedsstaaten, etwa bei der Unterstützung von Renaturierungsmaßnahmen wie der Wiedervernässung von Moorflächen, entscheidend für eine wirksame Umsetzung. In Deutschland etwa ist die Politik gefordert, bestehende Strategien wie die Moorschutzstrategie und das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) zu schärfen und damit (kosten-)wirksamen Natur- und Klimaschutz in Einklang zu bringen.

Biologische Artenvielfalt in Anlagestrategien berücksichtigen

Die ÖKOWORLD integriert auf vielfältige Weise Biodiversitäts-Aspekte in ihre Investitionsentscheidungen. Die ÖKOWORLD untersucht Unternehmen auf fortschrittliche Strategien und deren Umsetzung zur Berücksichtigung und Stärkung der biologischen Vielfalt. Bei Lücken wird gezielt der Dialog gesucht. Unternehmen, die die Erhaltung der Biodiversität in ihrer Geschäftstätigkeit berücksichtigen und vorbildliche Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt treffen, werden positiv bewertet und ausdrücklich unterstützt.

Gleichzeitig investiert die ÖKOWORLD nicht in Geschäftsmodelle, die negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Dazu zählen beispielsweise die intensive Landwirtschaft, die Gewinnung und Förderung fossiler Energien, bestimmte Chemiezweige und Geschäftstätigkeiten, die mit Entwaldung sowie mit dem Raubbau an natürlichen Ressourcen einhergehen.

Sie wollen im eigenen Garten oder auf dem eigenen Balkon mithelfen Artenvielfalt zu schützen? Hier etwas Inspiration, wie sie Vögeln und Insekten weiterhelfen können:

Insekten Schützen – Vielfalt bewahren; Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Gefiederte Gäste im Hausgarten; Biologische Vielfalt

Manuel Voßwinkel
Senior Sustainability Analyst bei der ÖKOWORLD